DSGVO – Videoüberwachung

Im Mai 2018 treten mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) deutliche Veränderungen in Sachen Videoüberwachung ein. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Zulässigkeit der Videoüberwachung bei der DSGVO.

Derzeitige Handhabung der Videoüberwachung

Der Betroffene kann bei einer Überwachung grundgesetzlich selbst über das eigene Bild und dessen Verwendung bestimmen. Durch Videoüberwachung in einem Unternehmen besteht zumindest immer die Gefahr, eine permanente Überwachung der Mitarbeiter etc. vorzunehmen. Dadurch wird bei den Betroffenen ein anderes Verhalten zwangsläufig hervorgerufen, als sie es normalerweise an den Tag legen würden. Zudem kommt hinzu, dass es Fälle gibt, in denen die Betroffenen auch keine Ahnung von den Bildern haben und daher nicht kontrollieren können, was mit diesen passiert.

Die Problematik der Grundrechte

Die Videoüberwachung stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Dazu bedarf es einer gesetzlichen Norm. Bei der Videoüberwachung durch ein Unternehmen kommt es regelmäßig zu der Problematik, auf Seiten des Betroffenen das Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gegenüber dem Eigentumsrecht aus Art. 14 GG und die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitsgebers aus Art. 12 GG abzuwägen.

Derzeitige gesetzliche Regelung

Die Videoüberwachung wird derzeit über § 6b BDSG und §§ 32 bzw. 28 Abs.1 und Abs. 2 BDSG geregelt. Unterschieden wird dabei zwischen den nicht öffentlich zugänglichen Bereichen wie z.B. Personalräume und Lager und den öffentlich zugänglichen Bereichen wie beispielsweise Kaufhäuser.

Eine Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Bereichen ist im Sinne des § 6b BDSG nur dann erlaubt, soweit sie

  1. die Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen vorsieht
  2. das Hausrecht wahren soll oder
  3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke,

erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen überwiegen. Bei dem Einsatz der Videoüberwachung ist demnach eine Interessenabwägung durchzuführen.

Wann ist eine Überwachung erforderlich?

Der Datenschutz kennt das Prinzip der Erforderlichkeit. Soweit ein milderes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zweckes zur Verfügung steht, ist dieses Mittel zu bevorzugen. Der definierte Zweck für jede einzelne im Unternehmen genutzte Kamera muss vorab festgelegt und dokumentiert werden. Diese Dokumentation dient zur Vorlage für den Datenschutzbeauftragten sowie für Aufsichtsbehörde.

Videoüberwachung im Unternehmen

Im Unternehmen kann Videoüberwachung in vielen unterschiedlichen Ausrichtungen stattfinden.

Überwachung in Sozialräumen

In Sozialräumen wie z.B. Bad/WC, Schlaf- und Umkleideräumen ist die Videoüberwachung generell untersagt. Diese Räume dienen den Angestellten zur privaten Entfaltung und Lebensgestaltung.

Verdeckte Videoüberwachung möglich?

Die Frage ist, ob eine verdeckte Videoüberwachung in einem Unternehmen z.B. bei akutem Diebstahlverdacht möglich ist. Eine offene Videoüberwachung wäre hier dem Ziel, den Dieb auf frischer Tat zu ertappen, nicht förderlich. An die verdeckte Videoüberwachung sind aber höhere Toleranzgrenzen gesetzt.

So kann beispielsweise eine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz unter strengen Voraussetzungen möglich sein. Für die Videoüberwachung muss

  1. ein konkreter Tatverdacht für eine strafbare Handlung oder
  2. eine andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers vorliegen und
  3. die weniger einschneidenden Mittel müssen aufgebraucht sein.

Durchführung einer Überwachung

Bei der konkreten Durchführung einer Videoüberwachung sind auch einige Sachen zu beachten. Die verantwortliche Stelle muss dem Prinzip der Datensparsamkeit gerecht werden. Dabei heißt es, keine unnötigen Daten zu erheben. So müssen einige Aspekte der Videoüberwachung vor Beginn der Überwachung genau betrachtet werden:

  1. Wie ist der erfasste Bereich ausgestaltet?
  2. Sind die Betroffenen erkennbar?
  3. Wie lange sollen die Aufnahmen gespeichert werden?
  4. Besteht nur ein Monitoring ohne eine Aufnahme?
  5. Werden nicht zulässige Bereiche ausgegraut, verpixelt etc.?

Dauer der Speicherung?

Aufnahmen der Überwachung dürfen nicht unendlich lang gespeichert werden. Daher sind Daten nach § 6 Abs. 5 BDSG unverzüglich zu löschen, wenn der angestrebte Zweck erreicht ist oder die schutzwürdigen Interesse des Betroffenen gegenüber der Speicherung überwiegen.

Es kommt für die Dauer der Aufnahme alleine auf den niedergeschriebenen Zweck an. Die Aufsichtsbehörden gehen von einer maximalen Speicherung von 72 Stunden aus. Gerichte haben schon dagegen entschieden und auch mehrere Tage für die Zulässigkeit der Speicherung angenommen.

Vorsicht bei Attrappen!

Immer wieder werden von Unternehmen Attrappen eingesetzt. Dabei sollte jedoch Vorsicht geboten sein. Dann doch eher nach dem Motto ganz oder gar nicht. Durch die Aufzeichnung von Personen verhalten sich diese anders. Bei einer Attrappe können die Betroffenen aber nicht erkennen, dass es eigentlich keinen Grund zur Verhaltensänderung gibt. Es baut sich ein psychischer Druck für die Betroffenen auf, sich stets korrekt verhalten zu müssen. Dies kann laut Bundesgerichtshof zu Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen führen.

Schadensersatz bei unzulässiger Ausübung

Der verantwortlichen Stelle drohen bei unzulässiger Videoüberwachung empfindliche Strafen. Als Schadensersatz können wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte Entschädigungszahlungen im vier- oder gar fünfstelligen Bereich möglich sein. Auch kann einem Betroffenen ein Leistungsverweigerungsrecht mit vollem Lohnanspruch zugesprochen werden, bis die unzulässige Videoüberwachung beendet ist.

Betriebsrat hat Mitspracherecht

Nach derzeitiger Rechtsprechung hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei Maßnahmen, die die Kontrolle der Leistung oder des Verhaltens von Mitarbeiter dienen, ein Mitspracherecht zu. Der Betriebsrat ist bei allen Maßnahmen anzurufen, die der Prüfung oder Überwachung von Arbeitnehmern dienen können.

Videoüberwachung durch Dritte

Wenn Sie als Unternehmen einen Dienstleister für die Überwachung beauftragen und diese vollen Zugriff auf Ihre Videoüberwachungsdaten haben, so müssen Sie an eine Auftragsdatenverarbeitung nach § 11 BDSG denken.

Bei der Nutzung eines Dienstleisters müssen Sie

  • diesen sorgfältig auswählen und
  • schriftlich verpflichten.

Für internetbasierte Videoüberwachungen sollte bei dem Dienstleister hinsichtlich der technisch organisatorischen Maßnahmen nach § 9 BDSG i.V.m. der Anlage zu § 9 S. 1 BDSG eine sorgfältige Auswahl und eine regelmäßige Kontrolle vorgenommen werden. Dabei gehören Aspekte wie Verschlüsselung, Begrenzung von zugriffsberechtigten Personen etc. zu den datenschutzrechtlichen Gedankenspielen dazu.

Überwachungsregelungen in der EU-DSGVO

Die DSGVO fordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen wie das BDSG. Es wird nunmehr eine Abkehr von der Vorabkontrolle geben, die nun aber inhaltlich gesehen in der Datenschutz-Folgenabschätzung wieder zu finden ist. Das Instrument der Datenschutz-Folgenabschätzung ist allerdings nur bei einer „systematischen“ und „umfangreichen“ Überwachung nötig.

Was ist der Unterschied?

Was unter den Begriffen „systematischen“ und „umfangreichen“ ab Mai 2018 zu verstehen ist, wird sich noch zeigen. Es sind zwei unbestimmte Rechtsbegriffe und lassen eine Menge an Möglichkeiten für Interpretationen offen. Jedenfalls scheint es so, dass der europäische Gesetzgeber nicht bei jeder Videoüberwachung von einem erheblichen Eingriff in die Rechte der Betroffenen ausgeht. Danach wird es wohl anzunehmen sein, dass es nach der DSGVO eine Unterscheidung zwischen weniger risikobehafteten und deutlich risikobehafteten Videoüberwachungen geben wird.

Die Rolle der Aufsichtsbehörden bei der Videoüberwachung

Fraglich ist, wie sich die Rolle der Aufsichtsbehörden unter der DSGVO entwickeln wird. Derzeit muss abgewartet werden, wie in der Praxis mit der Videoüberwachung nach den Regeln der DSGVO umgegangen wird. Gemäß Artikel 35 Abs. 4 EU-DSGVO ist es Pflicht der jeweiligen Aufsichtsbehörden eine Auflistung mit Datenverarbeitungsprozessen zu erstellen, die in einer Datenschutz-Folgenabschätzung jedenfalls geprüft werden müssen.