Scoring-Werte über die Wohnanschrift von Personen

Urteil des AG Hamburg

Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 16. März 2017 (233 OWi 12/17) dürfte jeden von uns interessieren. Hauptinhalt des Urteils ist, dass eine Auskunftei auf die Bonitätsanfrage eines Onlineunternehmens keine Angaben über die Personen selbst machen konnte, wohl aber über die Wohngegend dieser Person. Mittels eines Scoring-Wertes konnte eine Angabe über die Zahlungsmoral der in der Wohngegend lebenden Personen getätigt werden.

Doch was ist dieser Scoring-Wert?

Scoring kommt vom englischen Wort „Score“ und bedeutet Punktzahl. Durch diese Werte werden aufgrund von mathematisch-statistischen Analysen aus vergangenen Erfahrungswerten Prognosen über das zukünftige Verhalten von Personengruppen oder Einzelpersonen mit bestimmten Merkmalen getroffen. Grundlage für den Score einer Person sind personenbezogene Daten, die zu einer bestimmten Fragestellung erhoben wurden. Nach bestimmten Gewichtungen in der Analyse wird dann ein sog. Scoring entwickelt. Dieses entscheidet dann beispielsweise darüber, ob eine Person einen Kredit bekommt.

Problem des Scoring-Wertes

Durch den ermittelten Wert werden sog. Risikogruppen erstellt. Die Berechnung des angeblichen Risikos einer Person erfolgt aufgrund der Zuordnung zu einer Vergleichsgruppe mit identischen Merkmalen wie diese Person. Es werden dabei von den Datensammlern (wie zB die Schufa oder spezialisierten Unternehmen) Daten zur Vertragstreue, Beruf, Vermögen, Einkommen, Familienstand, Wohnort oder ähnlich entscheidungserhebliche Daten wie Geschlecht, Alter, Familienstand, etc. gesammelt und zu einem Scoring-Wert zusammengefasst.

Durch diese Datenansammlung und dem darauffolgenden Wert kann es aber auch passieren, dass der Scoring-Wert Personen umfasst, die zB. gut verdienen, aber in einer „schlechten“ Wohngegend wohnen und dadurch im Ranking abrutschen. Die Folge wäre, dass diese Personen deutlich mehr für ein Kredit zahlen müssten.

Datenschutzrechtliche Problematik

Das Bundesdatenschutzgesetz verbietet die Nutzung von Adressdaten, wenn nicht auch andere Daten der Person in den Scoring-Wert mitverarbeitet werden. Folge wäre somit, dass eine schlechte Zahlungsmoral der Nachbarschaft auf die Kreditwürdigkeit einer Person Einfluss hat, auch wenn er selbst zahlungsfähig ist.

Folgen im Urteil

Das Amtsgericht verhängt für die Auskunftei ein Bußgeld in Höhe von 15.000 Euro und entspricht somit dem Antrag des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Johannes Caspar.

„Das Urteil des Amtsgerichts ist konsequent und entspricht den klaren gesetzlichen Vorgaben, die auch künftig weiterhin gelten werden. Die Datenschutz-Grundverordnung wird ab dem 25. Mai 2018 den Bußgeldrahmen um ein Vielfaches erhöhen. Es ist insoweit zu erwarten, dass durch die weit wirksamere Abschreckung derartige Verfahren in Zukunft nicht mehr zu führen sind.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Auskunftei Beschwerde gegen dieses eingelegt hat.

Quelle

https://www.datenschutz-hamburg.de/news/detail/article/sag-mir-wo-du-wohnst-und-ich-sag-dir-ob-du-zahlst.html?tx_ttnews%5BbackPid%5D=1&cHash=b2a7849d1f3077b91242c3c449f776b8

Wenn Sie Bedarf zum Thema Datenschutz und Bußgeldern haben, schreiben Sie uns gerne Ihre Anfrage an dsb@anka.eu.