Ist das Kunsturhebergesetz noch anwendbar?

Mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kam nun im Mai 2018 das Problem auf, ob das Kunsturhebergesetz neben der DSGVO anwendbar bleibt. Das OLG Köln (15 W 27/18) entschied, dass es teilweise anwendbar ist.

Grundproblematik

Ein besonderes Datenschutzproblem stellt das Recht am eigenen Bild dar. Viele übersehen, dass es bei Abbildungen von natürlichen Personen um personenbezogene Daten im Sinne des Datenschutzrechts geht. Eine Person wird durch ein Foto, eine Zeichnung etc. identifizierbar und dadurch wird das Datenschutzrecht anwendbar.

Somit tritt auch der Grundsatz „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ in Kraft. Damit ist eine Verarbeitung von Daten grundsätzlich erstmal verboten, es sei denn, es liegt eine Einwilligung vor oder es besteht ein gesetzlich geregelter Erlaubnistatbestand.

Vor Wirksamwerden der DSGVO war dieser Grundsatz im Kunsturhebergesetz (KUG) geregelt. Das KUG ging dem BDSG-alt vor.

Das Kunsturhebergesetz

Die §§ 22, 23 KUG beinhalten Vorschriften für eine Veröffentlichung von Personenbildnissen. Dabei stellt § 22 S.1 KUG ebenfalls den Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt auf. Nach erteilter Einwilligung wäre auch hier eine Verarbeitung möglich. Der Unterschied beim KUG liegt darin, dass eine Einwilligung i.S.d. § 22 KUG bei Landschafts-, Versammlungs- oder bestimmten Kunstbildern und Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte entbehrlich sein soll, wenn nicht das Interesse des Betroffenen dieser Verarbeitung entgegensteht. Hier war immer eine Abwägung zwischen den Interessen des Abbildenden und Abgebildeten vorzunehmen.

Hat sich diese Handhabung mit dem Wirksamwerden der DSGVO geändert?

Datenschutz und das Recht am eigenen Bild

Mit der DSGVO hat es sich insoweit geändert, dass nun kein Vorrang des KUG mehr vorliegt. Durch sogenannte Öffnungsklauseln können Mitgliedsstaaten mit eigenen Vorschriften gemäß Art. 85 DSGVO handeln.

  1. Die Mitgliedstaaten bringen durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang.
  2. Für die Verarbeitung, die zu journalistischen Zwecken oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, sehen die Mitgliedstaaten Abweichungen oder Ausnahmen von Kapitel II (Grundsätze), Kapitel III (Rechte der betroffenen Person), Kapitel IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), Kapitel V (Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder an internationale Organisationen), Kapitel VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden), Kapitel VII (Zusammenarbeit und Kohärenz) und Kapitel IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen) vor, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen.

Das OLG Köln musste nun entscheiden, ob das KUG eine Vorschrift im Sinne des Art. 85 Abs. 1 DSGVO darstellt.

KUG anwendbar

Im journalistischen Bereich sei eine Anwendung des KUG durchführbar, da eine Abwägung einerseits zwischen dem Datenschutz  und andererseits der Äußerungs- und Kommunikationsfreiheit nach § 23 Abs. 2 Kunsturhebergesetz stattfindet.

Fraglich bleibt da aber weiter die Anwendung des KUG für die Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen.

DSGVO oder KUG?

Es stellt sich die Frage, ob die Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO Sachverhalte wie die Werbe- und Öffentlichkeitsarbeiten von Unternehmen erfasst. Nach dem Wortlaut des Erwägungsgrundes 153 zur DSGVO soll sich Art. 85 Abs. 2 DSGVO also die Möglichkeit der Abweichung vom Verordnungstext, nur auf journalistische, wissenschaftliche, literarische oder künstlerische Zwecke beschränken. Für weitere Möglichkeiten bestehe daher kein weiterer Raum. Danach wäre für Werbe- und Öffentlichkeitsmaßnahmen von Unternehmen die DSGVO der rechtliche Rahmen. Die Einholung von Einwilligungen und die Anforderungen an Erlaubnistatbestände würden dann an Art. 6 und 7 DSGVO gemessen werden.

Dadurch wird eine Rechtsunsicherheit generiert, da es bislang keine Erfahrungen für die Praxis gibt und die über Jahre von BGH, EuGH und EGMR entwickelte Rechtsprechung zum Kunsturhebergesetz keine Anwendung findet.

Ergebnis

Um rechtssicher zu sein, sollten Unternehmen, die Bildnisse in Werbung und Öffentlichkeitsarbeit nutzen, sich an der DSGVO orientieren. Einwilligungen und Interessensabwägungen werden dabei an den Regelungen der Art. 6, 7 DSGVO gemessen.