Datenschutz beim Carsharing

Carsharing ist gerade in großen Ballungsräumen und mit wenig Parkmöglichkeiten der Renner. Jedoch werden diese Fahrzeuge per Tracking genauestens im Bewegungsprofil analysiert. Somit stellt sich die Frage, ob dem Datenschutz in Sachen Carsharing entsprochen werden kann.

Carsharing – Was ist das genau ?

In einer Stadt platziert ein Anbieter eine gewisse Anzahl an Fahrzeugen. Dieses Autovermietungsmodell gibt dem Nutzer die Möglichkeit, per Handyapp ein für ihn in seiner Nähe verfügbares Fahrzeug zu finden. Über die Handyapp kann der Nutzer dieses Auto dann bezahlen und für sich freischalten. Nach dem Ende des Mietzeitraums stellt man das Auto einfach am Straßenrand ab, wo der nächste Nutzer das Fahrzeug an dieser Stelle dann abholt. Durch diese Flexibilität werden natürlich spezielle Fahrzeuge benötigt, die der Nutzer dann nicht an dem Sitz des Vermieters abholen muss, sondern je nach geparkter Lage.

In diesen Fahrzeugen sind sog. E- Steuerungsmodule eingebaut, die sämtliche Daten protokollieren, die während des Führens des Fahrzeugs auslesbar sind. Dazu gehört z.B. die aktuelle GPS Position des Autos.

Rekonstruktion der Fahrt führt zu Verurteilungen

Ein Nutzer erzeugte während der Mietzeit einen Verkehrsunfall. Der andere Unfallbeteiligte verstarb nach dem Unfall im Krankenhaus. Das LG Köln verurteilte in seinem Urteil vom 23.05.2016 den Nutzer aufgrund einer Bewertung der Log-Dateien durch einen Sachverständigen. Durch das genaue Aufzeichnen aller verfügbaren Daten konnte der Sachverständige den Geschehensablauf genau wiederherstellen. Die Urteilsbegründung überzeugt durch eine genaue Darstellung des Ablaufs.

Der Angeklagte befuhr zunächst die P-Straße, wo er sein Fahrzeug auf 57,8 km/h beschleunigte, bevor er – nach Verringerung der Geschwindigkeit auf rund 25 km/h – an der grünes Licht zeigenden Lichtzeichenanlage nach links auf die zweispurige S-Straße abbog. Dort beschleunigte er das Fahrzeug auf der rechten Spur bis zum Erreichen einer Geschwindigkeit von 95,5 km/h um 20:12:19 Uhr wiederum stark. […] Um 20:12:28 Uhr kamen der Angeklagte und der Zeuge S1 nebeneinander an einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage an der Kreuzung S-Straße/G-Straße zum Stehen. Nach Beendigung der Rotphase fuhr der Angeklagte auf die Kreuzung S-Straße/E-Straße (F-Platz) zu, wobei er um 20:12:58 Uhr kurzzeitig eine Geschwindigkeit von 72,9 km/h erreichte, die er vor Erreichen des F-Platzes auf rund 30 km/h verringerte.

Problematisch in diesem Fall war, dass die Log-Dateien auch nach über einem Jahr von BMW noch vorhanden waren und von der Staatsanwalt herausverlangt wurden.

Bei dieser Problematik stellt sich somit die Frage, ob die Erhebung und Speicherung durch BMW datenschutzrechtlich überhaupt zulässig ist.

Gibt es im BDSG einen passenden Erlaubnistatbestand ?

Um Daten in dieser Form nach § 4 Abs. 1 BDSG erheben, speichern und nutzen zu dürfen, bedarf es eines Erlaubnistatbestandes nach BDSG oder einer Einwilligung des Betroffenen.

Erlaubnistatbestand § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG

Als Erlaubnistatbestand kommt § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG in Betracht. Er erlaubt das Erheben, Verarbeiten und Nutzen zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke, wenn

  • es zur Wahrung berechtigter Interessen BMWs als verantwortliche Stelle erforderlich ist und
  • kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse des Betroffenen vorliegt, die Daten nicht verarbeiten zu dürfen.

Der Erlaubnistatbestand zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke mag zwar Daten umfassen, die für die Berechnung der Preise oder z.B. den Standort des Fahrzeugs notwendig sind, jedoch spätestens mit einer umfassenden Bewegungsanalyse wird dies zu verneinen sein. Dort wird in der Abwägung der erhobenen Daten zu dem schutzwürdigen Interesse des Nutzers (Betroffenen) stets das Interesse des Betroffenen überwiegen. Der Betroffene muss nicht mit der umfassenden Bewegungserfassung rechnen, da dies nicht zur Abwicklung des Mietvertrages erforderlich ist.

Einwilligung aufgrund der AGB

Allerdings könnte durch die Vertrags-AGB eine informierte Einwilligung vorliegen. Durch die Unterschrift unter dem Vertrag könnte der Nutzer der umfassenden Bewegungsanalyse zugestimmt haben. Ein Blick in die AGB von BMW zeigte keine Informationen umfassenden Bewegungserfassung.

AGB Auszug Stand: 13.06.2017

15.1. DriveNow ist berechtigt, Ihre personenbezogenen Daten einschließlich der kundenbezogenen Nutzungs- und Fahrzeugdaten (einschließlich Daten zur Lokalisierung des Fahrzeugs) zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit dies zum Zweck der Durchführung des DriveNow Rahmenvertrages und der Einzelmietverhältnisse erforderlich ist. Die einzelnen Mietvorgänge werden mit Start- und Zielort, Start- und Zielzeitpunkt, Dauer der Nutzung erfasst und in der Rechnung aufgeführt.

15.2. DriveNow behält sich vor, Nutzungs- und Fahrzeugdaten (einschließlich Daten zur Lokalisierung des Fahrzeugs) zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit dies zum Zweck der Ermittlung und Behebung von Fehlern oder Störungen, zur Ermittlung und Abwicklung von Regressansprüchen oder zur Weiterentwicklung der DriveNow Dienste erforderlich ist. Soweit möglich, werden die Nutzungs- und Fahrzeugdaten zu vorgenannten Zwecken getrennt von Ihren Vertragsdaten verarbeitet, so dass nur in begründeten Ausnahmefällen […] ein Rückschluss auf Sie als Fahrer möglich ist. […]

15.6. Die anzumietenden Fahrzeuge werden durch den Einsatz von Floating Car Data (FCD) als „mobile Verkehrsmelder“ eingesetzt. Die während der Fahrt ermittelten, individuellen Positions- und Sensordaten der Fahrzeuge werden zusammen mit den aktuellen Zeitangaben anonymisiert an die BMW ConnectedDrive Zentrale und einen Verkehrsservice Provider übertragen. […]

15.8. DriveNow schaltet im Zusammenhang mit den in Ziffer 15 genannten Datenverwendungen beauftragte Dienstleister ein, welche personenbezogene Daten ausschließlich nach Weisungen und unter Kontrolle von DriveNow verarbeiten.

Sind Datenschutz und Carsharing vereinbar?

BMW informiert in dem Auszug der AGB vom 13.06.2017 zwar über die Positions- und Sensordaten, jedoch lässt sich aus den oben aufgezeigten Angaben nicht herleiten, dass eine umfassende Bewegungsanalyse einfach herstellbar ist. Weiterhin ist auch nicht ersichtlich, wielange Daten von BMW gespeichert bzw. kombiniert werden können. In einer informierten Einwilligung muss aber gerade darüber Auskunft gegeben werden.

Durch die lange Speicherung der Daten ist die bisherige Form rechtswidrig. Dabei wäre sowohl ein unverzügliches Löschen der Daten nach Ablauf der Mietvertragszeit als auch eine Trennung der Datensätze ohne weiteres möglich. Die Speicherung der Daten von einem Jahr war hier jedenfalls unverhältnismäßig.

Falls Sie auch Fragen zur Speicherung von Daten haben, können Sie sich gerne jederzeit an uns wenden.